Versuchsfeld Lüdiweide
Die Versuchsweide, ein einzigartiges Experimentierfeld, legte Dr. Werner Lüdi ab 1930 etwas unterhalb des Alpengartens an.
Hier wollte er zeigen, wie sich eine Borstgrasweide (eine sehr magere Weide mit schlechtem Futter) durch verschiedene Eingriffe «verbessern» liesse, d.h. wie sie produktiver gemacht und das Futter qualitativ verbessert werden könne. Er legte 340 Quadrate von 1 m2 an, die er ähnlich wie im Garten durch verschiedene Eingriffe beeinflusste (Düngen, Kalken, Mähen, Umgraben, Ansäen usw., immer in Gruppen zu fünf gleich behandelt). Dieser Versuch brachte ihm die Bestätigung. Lüdi stellte fest, dass einige Dünger die Qualität und die Menge des Futters stark förderten. Kalk, Stallmist, Phosphor und Thomasschlacke wirkten stark und lang, Stickstoff allein nur wenig und nur kürzere Zeit; bei Kali war kaum ein Einfluss feststellbar. Er publizierte diese Resultate 1959 als Beilage zum Jahresbericht des Alpengartens und schloss den Versuch ebenfalls ab. Die Weide wurde während einiger Jahre wieder beweidet. 1975 wurden die Unterlagen zu dieser Untersuchung Otto Hegg am Botanischen Institut in Bern angeboten. Bei einer Besichtigung der Weide im Herbst war er vor allem erstaunt über immer noch sichtbare Unterschiede zwischen einzelnen Quadraten. Diese waren nach der Beweidung teilweise ganz kurz, andere kaum abgefressen. Er drehte in der Folge die Zielrichtung der Forschung um. Nicht die höhere Produktivität stand jetzt im Zentrum, sondern die noch immer sichtbaren Nachwirkungen. Die Hauptfragen waren jetzt:
- Welche Arten wurden durch die Düngung zum Abnehmen oder Verschwinden gebracht?
- Welche Arten vermehrten sich?
- Wie lange dauerte es, bis die verschwundenen Arten wieder zurückkehrten?
- Wie waren die Wirkungen der verschiedenen Dünger auf die einzelnen Arten?
- Was bedeuten diese Veränderungen für den Naturschutz?
Dank Lüdis gut gewählten Eingriffen, den sorgfältig erhobenen Unterlagen und vielen verbliebenen Markierpfählen gelang es Werner Dähler in seiner Dissertation 1991, die ganze Versuchsanlage präzis zu rekonstruieren und so die Wirkung weiter zu verfolgen. Daraus ergaben sich sehr wertvolle Schlüsse zur Erhaltung der einzelnen Arten, zur Biodiversität, zur Langzeitwirkung der Eingriffe. Diese Untersuchungen laufen weiter. Heute sind die Nachwirkungen dieser Eingriffe noch klar erkennbar, bei einzelnen Flächen über 70 Jahre nach der letzten Pflegemassnahme! Arnika z.B. wurde mit allen angewendeten Düngern innert weniger Jahre ganz verdrängt. In gekalkten Flächen ist sie noch heute seltener, 70 Jahre nach der letzten Kalkgabe. Diese Feststellungen sind besonders interessant, ist das doch weltweit der zweitälteste Versuch mit solchen Eingriffen an der natürlichen Vegetation.
Ein Ausschnitt aus den Resultaten ist im Poster «Warum sind Alpweiden so bunt» in der Ausstellung auf der Schynige Platte zusammengefasst. Man sieht hier das «Langzeitgedächtnis der Vegetation».
Mit Vorstandsmitglied Prof. Markus Fischer vom Institut für Pflanzenwissenschaften wurde die Forschungstätigkeit wieder aktiviert.